Es gibt Dinge, die kann man reformieren, und es gibt Dinge, die muss man von Grund neu aufbauen. Das Bildungssystem ist ein solcher Fall. Wie im Kurier-Artikel gefordert, reicht ein Fach, wie Coding, alleine nicht aus. Was es braucht ist, eine Digitalisierung der Schule, die sich an SchülerInnen, Eltern, genauso, wie an die Belegschaft und Prozesse in einer Schule richtet. Hat das System früher funktioniert, ist es heute bei Weitem nicht mehr zeitgemäß. Stellen Sie einen Chirurgen aus den 1920ern in einen OP-Saal von heute, er wird keine Ahnung haben, was zu tun ist. Stellen Sie eine*n Lehrer*in aus den 1920ern in ein Klassenzimmer von heute und sie*er weiß genau, was zu tun ist. Dieser Vergleich alleine sollte ausreichen.

Möchte man dem Informatik-Unterricht, so wie er heute ist, dennoch eine „Spritze geben“, dann müssen einzelne Technologien in den Hintergrund rücken. Es muss mehr darum gehen, was man damit tun kann, wie Technologien uns unterstützen und Teil der Lösung von Problemen sein können. „Dass die Schüler heutzutage mit ihren Kenntnissen über Smartphones den Lehrern ohnehin uneinholbar voraus seien“, lasse ich, wie Futschek, nicht gelten. Die Digital Natives können nämlich noch weniger als man ihnen zugesteht, weil der Umgang mit technischen Geräten um ein vielfaches einfacher geworden ist. Das fängt beim Speicher-Button an (der bei vielen Geräten gar nicht mehr vorhanden ist), geht beim fehlenden Konzept von Ordnerstrukturen weiter (die bei Tablets und Apps nur bedingt vorhanden sind) bis zu fehlenden Kompetenzen bei Produktivsoftware, wie zB Office oder Grafikbearbeitung.

Peter Temel: Ist er Informatik-Unterricht noch zeitgemäß, 19. September 2016